Meine Gamben sind nach verschiedenen Vorbildern gebaut. Sie zeigen jeweils die Bauweise der Zeit und der Herkunft des Originals. Englische Gamben wie die von J. Rose und H. Jaye haben fünfteilig gebogene Decken, einen nicht so stark geneigten und kürzeren Hals als die der Franzosen. Ihr Klang ist fein und hell, bedingt durch den geringen Druck auf der Decke und der “klaren” Bauweise aus gespaltenen Hölzern.
Die Franzosen mochten den Klang der englischen Gamben. Sie bauten etliche Engländer um: Verlängerten den Hals, und neigten ihn um die erforderliche Steghöhe für die neu erfundene umsponnene “Siebte-Saite” zu erreichen. Durch den stärkeren Deckendruck wurde der klang dunkler.
Einige französische Gambenbauer, wie Colichon behielten die englische Bauweise bei.
Auch Jakob Stainer schreibt in einem Brief, daß er seine Gamben in englischer Manier baut, allerdings konnte er das Schnitzen nicht sein lassen. Seine Gamben haben wenig mit den englischen Gamben zu tun.
Nur die Engländer schwärmen von dem Klang der italienischen Gamben.
Bassgamben variieren so stark in der Größe wie kein anderes Streichinstrument. Die Seitenlänge reicht von ca. 64 cm bis 80 cm bei gleicher Stimmung und Saitenzahl, ein Unterschied von gut 15 cm. Die Anforderungen an die „Bassgambe“ sind sehr unterschiedlich, und somit auch ihre Bauart, was Holzverarbeitung, Holzstärken und nicht zuletzt die Saitenstärken betrifft.
Michael Colichon 1691
Colichon war einer der ersten Gambenbauer, der Bassgamben mit sieben Saiten gebaut hat. Er arbeitete ende des 17. Jahrhunderts in Paris. Das Klangideal entsprach dem der Engländer. Der reine strahlende Klang der englischen Gamben war gefragt, und somit ihre Bauweise. Die Erfindung der siebten Saite und deren Metallumspinnung veränderte allmählich das Ideal des französischen Klanges in einen wärmeren, dunkleren nicht mehr so strahlenden Klang. Colichon baute in der Manier der Engländer. Seine Decken sind aus gespaltenen gebogenen und erst dann verleimten Brettchen. Und außer dem sehr zierlich ausfallenden Stimmbrettes verwendete er keine weiteren Bodenbalken. Die Köpfe, meist männlich, erinnern an die der englischen Gamben.
Merkur
Bei dieser 7-saitigen Bassgambe habe ich verschiedene Stilrichtungen miteinander vermischt. Der Wunsch war eine französische Bassgambe mit Verzierungen in der Manier von Tielke mit einem Hermes Kopf.
Da ich vor einiger Zeit die Bertrand Gambe von Paolo Pandolfo vermessen durfte, und diese von der Größe her passte, wurde sie zum Vorbild. Den Merkur gibt es bei Tielke. Und die Verzierungen von Griffbrett und Saitenhalter sind auch im Übermaß bei Tielke zu finden. Für die Umrandung des Corpus und die Rankenmuster auf Griffbrett und Saitenhalter haben wir uns für Elfenbein entschieden.
Merkur ist der römische Name für den griechischen Gott Hermes. Hermes hatte es schon als Säugling faustdick hinter den Ohren. Er hatte eine Schildkröte geschenkt bekommen, doch statt damit zu spielen, nahm er sie voller Neugier auseinander, baute ihren Panzer zu einem Resonanzkörper um, spannte Saiten darauf, stimmte sie und erfand so die Leier.
„Er macht sich sein eigenes Spielzeug“ erklärte Maria stolz. „Er ist so klug, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Das hier hat er aus einem alten Schildkrötenpanzer gebastelt, den er mit Kuhdarm bespannt hat, und er zaubert die hinreißenste Musik daraus hervor. Hör nur zu…“
„Kuhdarm? Darf ich fragen, welche Kuh er dazu überredet hat, ihm ihre lebenswichtigen Innereien zu seinem Zeitvertreib zu Überlassen?“
…
aus
Götter, Helden, Ungeheuer Die Welt der grichischen Mythen
Bernard Evslin